Michael Hesemann, Historiker und Autor
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Danke, Papst Benedikt



Ansprache auf dem Abschiedskonzert für S.H., Papst Benedikt XVI.,
organisiert von DEUTSCHLAND PRO PAPA,
in der Alten Kapelle zu Regensburg, 2. März 2013
im Beisein Seiner Exzellenz Msgr. Dr. Rudolf Voderholzer, Bischof von Regensburg
und Domkapellmeister em., Hwst. Hr. Prälat Dr. Georg Ratzinger:


Exzellenz, hochwürdigster Herr Bischof,
Hochwürdigster, lieber Herr Domkapellmeister,
Hochwürdigste Herren, ehrwürdige Schwestern,
meine sehr verehrten Damen und Herren,
liebe Freunde,

ich muss gestehen, dass auch ich zunächst erschrocken, ja erschüttert war, als ich vor 19 Tagen von der Amtsaufgabe unseres geliebten Heiligen Vaters, Papst Benedikt XVI., erfuhr. Auf den ersten Schock folgte Traurigkeit; dann aber Respekt und, vor allem, eine tief empfundene Dankbarkeit.

Traurigkeit, weil damit ein Pontifikat zuende ging, das so viele von uns und mich auch so nachhaltig inspiriert hat. Respekt vor der großen Demut eines Mannes, der einen so hohen Anspruch an das Petrusamt stellt, dass er selber fürchtet, ihm in diesem Alter nicht mehr länger gerecht werden zu können. Und auch vor seinem Verantwortungsgefühl für die Kirche, das Schiff Petri, das nun, im Gegenwind, vielleicht stärkere Schultern braucht, um den Kurs zu halten. Dankbarkeit aber für alles, was er uns in diesen fast acht Jahren seines Pontifikats geschenkt hat. Etwa dafür, wie viele und gerade auch junge Menschen er für den Glauben begeistert hat, durch seine klaren, wahren Worte und seine tiefe Menschlichkeit. Vor allem aber denke ich an sein geradezu epochales theologisches Erbe, denn es war ein Pontifikat des Lehramtes.

Er versöhnte Glaube und Vernunft und er schuf – Musik. Kein Titel beschreibt den Kirchenlehrer Joseph Ratzinger – und ich bin davon überzeugt, dass künftige Generationen ihm diesen Titel verleihen werden – so treffend wie das Wort vom „Mozart der Theologie“. Denn er war und ist ein Mann der leisen Töne, feingeistig und in seinem Denken dem Himmel so nah, dass er unter den traurigen Realitäten des Alltags bestimmt mehr als einmal gelitten hat. Darum denke ich, gibt es keinen Weg, dieses große Pontifikat angemessener zu würdigen als mit Musik.

Musik hat ihn begleitet von Kindesbeinen an, hat ihn inspiriert und seine Seele zu Gott geführt. Das lag natürlich daran, dass seine Heimat – ob nun Marktl, Tittmoning, Aschau oder Traunstein – immer im Bannkreis der Mozartstadt Salzburg lag, aber eben auch geprägt war vom bayerischen Barock mit seiner jubilierenden Sinnesfreude. Er wuchs in einer musikalischen Familie auf, vor allem aber an der Seite eines so begnadeten Musikers wie dem Regensburger Domkapellmeister Prälat Dr. Georg Ratzinger, der sein Leben der Kirchenmusik verschrieb, während Joseph Ratzingers forschender Verstand ihm den Weg in die Theologie wies. Doch auch der größte Theologe der Gegenwart begriff, dass Worte nicht genügen, um Gott angemessen zu preisen und dass die Engel keine Vorlesungen halten, sondern singen.

Wer singend betet oder singendem Gebet beiwohnt, der kommt dem Himmel ein wenig näher, denn Musik ist das subtilere Gebet, wie es Prälat Georg Ratzinger einmal erklärte: „es verleiht (dem Menschen) eine ganz neue Dimension, was das gesprochene, gedachte oder meditierte Gebet kaum erreichen kann.“

Oder, mit den Worten des Heiligen Vaters:

„Musik (ist)  auf einzigartige Weise dazu bestimmt, im menschlichen Geist, der vom irdischen Leben so sehr gezeichnet und manchmal verletzt ist, Hoffnung zu wecken. Es besteht eine geheimnisvolle und tiefe Verwandtschaft zwischen Musik und Hoffnung, zwischen Gesang und ewigem Leben: Nicht umsonst stellt die christliche Überlieferung die Seligen beim Chorgesang dar, von der Schönheit Gottes hingerissen und verzückt. Aber die wahre Kunst, ebenso wie das Gebet, entfremdet uns nicht von der täglichen Wirklichkeit, sondern führt uns vielmehr zu ihr hin, um sie zu »bewässern« und gedeihen zu lassen, damit sie Früchte des Guten und des Friedens trägt.“  - so am 24. Mai 2008 nach einem Konzert im Vatikan.

Wir begehen 2013 das „Jahr des Glaubens“. Und so war dieser Nachmittag in „seiner“ wunderbaren Alten Kapelle, der Kirche mit der Papst Benedikt-Orgel, hier, in seinem geliebten Regensburg, ursprünglich dazu gedacht, die musica sacra, die geistliche Musik, als Weg zum Glauben zu würdigen. So großartige Künstler haben sich spontan dazu bereit erklärt und dafür danken wir ihnen von Herzen.

Doch heute muss ich sagen: Dass Deutschland pro Papa diesen Plan entwickelte und dies alles für den heutigen Tag auf die Beine stellte, ohne zu ahnen, dass es der zweite Tag nach seiner Amtsaufgabe sein würde, ist eine wunderbare Fügung. Denn sie gibt uns die schöne Gelegenheit, dem Heiligen Vater Dank zu sagen – Dank für seine Aufopferung. Dank für alles, was er uns geschenkt hat. Dank, dass er die Kirche so sicher durch die Stürme der Zeit geführt hat. Dank, dass er uns immer wieder neu das menschliche Antlitz Gottes, Jesus Christus, offenbart hat, aber auch das Antlitz Gottes im Menschen in einer zutiefst humanen Theologie, deren Quintessenz der Titel seiner ersten Enzyklika war: Deus caritas est - Gott ist die Liebe! Und noch vor acht Tagen betonte er vor der römischen Kurie: Er ist auch Wahrheit und Schönheit. In der Liebe, der Wahrheit und der Schönheit finden wir Gott.

Danke, Heiliger Vater!

Vor zwei Tagen endete ihr Pontifikat. Nun, wo wir ihre sanften, klugen Worte nicht mehr hören, werden wir fortan mit Ihnen und für Sie beten. Und dieses Konzert, dieses gesungene und instrumentale Gebet so vieler wunderbarer Künstler hier in ihrem geliebten Regensburg, ist der Anfang, der Auftakt dazu.
Überall dort, wo wir Liebe, Wahrheit und Schönheit finden, fühlen wir uns mit Ihnen vereint.