Michael Hesemann, Historiker und Autor
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22. Februar 2014: Gratulation zur Kardinalserhebung


Michael Hesemann gratuliert Seiner Eminenz, Erzbischof Gerhard Ludwig Kardinal Müller, Präfekt der Glaubenskongregation, zu seiner Kardinalserhebung durch Papst Franziskus. Die Feier im Petersdom wurde zu einer historischen Stunde: Zum ersten Mal seit seinem Amtsverzicht am 28. Februar 2013 zeigte sich Papst em. Benedikt XVI. einer breiteren Öffentlichkeit. Es war das erste Mal in der Kirchengeschichte überhaupt, dass zwei Päpste einer Kardinalserhebung beiwohnten. Anschließend feierte Kardinal Müller das freudige Ereignis mit einem original bayerischen Volksfest im Innenhof des Heiligen Offiziums, das vom traditionsreichen Bischofshof in Regensburg ausgerichtet worden war. Prominenteste Gäste der Feier neben diversen Kardinälen und Bischöfen: Fürstin Gloria von Thurn & Taxis, der Schriftsteller Martin Mosebach und die Bischöfe Walter Mixa und Tebartz van Elst. Es war zudem der letzte "ad limina"-Besuch von Joachim Kardinal Meisner als Erzbischof von Köln.   (Fotos: Jessica Krämer)

 

15. Januar 2014: Konzert für Prälat Dr. Georg Ratzinger im Vatikan



v.l.n.r.: Michael Hesemann, Sabine Beschmann ("Deutschland pro Papa"), Wolfgang Noeth, Erzbischof Dr. Gerhard Ludwig Müller, Prälat Dr. Georg Ratzinger, S.H., Papst em. Benedikt XVI., Lauren Green, Baptiste Pawlik, Wolfgang Kraus. 

Vatikan, 15.1.2014: „Manchmal fließt halt die Erft in den Tiber“, kommentierte Michael Hesemann seine jüngste Aktivität im Kirchenstaat. Denn der Neusser Historiker und Autor gehörte nicht nur zu den wenigen, die auch nach dessen spektakulärem Amtsverzicht vor elf Monaten in Kontakt mit Benedikt XVI. blieben. Er organisierte auch das offizielle Konzert zum 90. Geburtstag des Papstbruders Prälat Georg Ratzinger – das zum dritten öffentlichen Auftritt des emeritierten Papstes wurde.

„Die Idee dazu wurde vor einem Jahr geboren“, erklärte Hesemann. Gleich nach dem Papstrücktritt organisierte die Initiative „Deutschland pro Papa“, zu deren Gründungsmitgliedern der Neusser gehört, in Regensburg ein Abschiedskonzert „Danke, Papst Benedikt“ mit namhaften Künstlern. „Das gefiel beiden, dem Papstbruder und dem emeritierten Papst, so gut, dass wir beschlossen, es bei Gelegenheit im Vatikan zu wiederholen. Und der schönste Anlass, den wir uns vorstellen konnten, war der 90. Geburtstag Georg Ratzingers, der immer schon der musikalischere der beiden Ratzinger-Brüdern war.“

Während Joseph Ratzinger sich schon früh als Theologe profilierte, sah sein drei Jahre älterer Bruder Georg, der am gleichen Tag wie er zum Priester geweiht worden war, seine Berufung in der Kirchenmusik. Schließlich leitete er dreißig Jahre lang die „Regensburger Domspatzen“ – und formte aus dem Knabenchor der Bischofsstadt eine Institution von Weltrang, gefeiert auf Tourneen durch die USA, Kanada und Japan. Mit der  „Missa Anno Santo“ profilierte er sich auch als Komponist sakraler Musik. „Es gab eine Zeit, als Joseph Ratzinger als ‚der kleine Bruder des berühmten Domkapellmeisters‘ bekannt war“, meinte Hesemann. Erst 2005 trat er als „Bruder des Papstes“ endgültig in den Schatten des Jüngeren. Seitdem reist er viermal jährlich nach Rom; natürlich, um bei seinem Bruder zu sein, aber auch, um mit ihm die vielen großen Konzerte zu erleben, die in seinem Pontifikat regelmäßig im Vatikan aufgeführt wurden. Doch solche öffentlichen Auftritte waren Benedikt XVI., der sich mit seinem Rücktritt offiziell auch von der Welt zurückgezogen hat, nicht mehr möglich.

Das brachte Hesemann, einen langjährigen Vertrauten des Papstbruders, auf die Idee für ein ungewöhnliches Geburtstagsgeschenk, für das er bald auch Papst Benedikt begeistern konnte. Zusammen mit Papstsekretär Erzbischof Dr. Georg Gänswein wurden die notwendigen Vorkehrungen getroffen, Künstler wie der Düsseldorfer Star-Violinist Baptiste Pawlik, der Salzburger Tenor Wolfgang Nöth und die amerikanische Konzertpianistin Lauren Green verpflichtet. Radio Vatikan, in dessen Räumlichkeiten das Konzert stattfand, sollte das Privatkonzert weltweit übertragen.

Es war erst der dritte öffentliche Auftritt Benedikts XVI. seit seinem spektakulären Amtsverzicht im Februar 2013. „Der Papst machte einen entspannten und erholten Eindruck“, erklärte Hesemann nach dem Konzert, „er trug wie früher auch seine weiße Soutane und den weißen Pileolus, jetzt aber braune, keine roten Schuhe. Er betrat vor seinem Bruder den Konzertsaal, überließ ihm  die Ehre, als Letzter und unter tosendem Applaus einzutreten.“ Aufmerksam verfolgte Benedikt XVI. Hesemanns Ansprache, eine humorvolle Würdigung des Papstbruders:

„Musik ist die Sprache der Engel“, erklärte der Neusser, „und Ihr halbes Leben lang haben Sie versucht, den Regensburger Domspatzen so reine und klare Klänge zu entlocken, wie die Engel sie singen, um etwas von der himmlischen Herrlichkeit hier auf Erden spürbar werden zu lassen. Indem sie also aus Bengeln Engel werden ließen (zumindest solange diese auf der Bühne standen), wurden Sie zum Missionar dieses himmlischen Glorias in der Welt. Dafür möchten wir Ihnen danken.“

Die darauffolgende einstündige Darbietung der drei Solisten war eine Mischung aus geistlicher und klassischer Musik von Mozarts „Ave verum“ und Bachs „Jesu bleibet meine Freude“ bis zu Schuberts „An die Musik“ und der Arie des Tamino aus Mozarts „Zauberflöte“. Am Ende spielten die Musiker das liebste Weihnachtslied der Ratzinger-Brüder: „Es ist ein Ros entsprungen“.

 „Nach dem Konzert stand der Papst auf, um jedem der Künstler persönlich zu danken“, berichtete Hesemann, „eine halbe Stunde verbrachte er mit seinen 50 geladenen Gästen, bevor er zu Erzbischof Gänswein meinte: ‚Packen wir’s!‘ - und sich, gefolgt von seinem Bruder, wieder in sein Kloster „Mater Ecclesiae“ in den vatikanischen Gärten zurückzog. Für uns aber war es ein unvergessliches Ereignis und eine unglaubliche Ehre“.




2013


22. Dezember 2013: Erneute Begegnung mit Papst Tawadros

"Nach einem schönen Abendessen mit Papst Tawadros, Anba Bishoy (den ich 2012 für mein Buch interviewt hatte; ein schönes Wiedersehen!) und Bischof Damian, der den Papstbesuch an der Weser exzellent organisiert hat. Ein würdiger Festakt zum 20. "Geburtstag" des Koptischen Klosters, der auch gezeigt hat, wie viele Freunde dieser wunderbare Bischof hat. Kein Wunder: Er ist ein herzensguter Mann, der ganz aus seinem Glauben lebt und vor keinen noch so widrigen Umständen kapituliert!"

Vom 17.-25. Dezember besuchte der koptische Papst Tawadros II. die Bundesrepublik. Michael Hesemann ("Jesus in Ägypten"), der sich seit Jahren für den ökumenischen Dialog mit der ägyptischen Kirche einsetzt, nutzte die Gelegenheit für Gespräche und Begegnungen. Hier sein Bericht:
 

„Ich bete täglich für Franziskus“
Der koptische Papst Tawadros II beendet seine Deutschlandreise
Von Michael Hesemann

„Wir alle glauben an drei Dinge: 1. Jesus Christus ist unser Erlöser. 2. Wir haben eine Bibel. 3. Wir alle streben das himmlische Reich an. Es gibt dogmatische Unterschiede, aber was uns vereint, ist mehr als das, was uns unterscheidet." – ein klares Bekenntnis zur Ökumene stand im Zentrum der sechstätigen Deutschlandreise des koptischen Papstes Tawadros II., die am Mittwoch in Frankfurt begann und am Dienstag in Berlin enden wird.

Gerade einmal ein Jahr ist der 118. „Patriarch von Alexandria und ganz Afrika“ auf dem Thron des hl. Evangelisten Markus im Amt, doch bereits zum dritten Mal kam er in diesen Tagen nach Europa. Seine erste Reise führte ihn Anfang Mai nach Italien und in den Vatikan, wo er mit Papst Franziskus zusammentraf. Ende Mai kam er auf Einladung von Christoph Kardinal Schönborn nach Österreich, wurde in Wien geehrt. Und jetzt also, kurz vor Weihnachten, stattete er nach einem kurzen Abstecher nach Österreich und in die Schweiz erstmals Deutschland einen Besuch ab, wo mittlerweile über 10.000 Kopten leben; zwei Drittel davon sind vor den Unruhen und Ausschreitungen gegen Christen in ihrer Heimat geflüchtet.
Schon im Mai hatte Papst Tawadros – den Titel trugen seine Amtsvorgänger bereits ein Jahrhundert vor den Bischöfen von Rom – sich der Situation in Deutschland angenommen und eine zweite koptische Diözese geschaffen. Damit sollte der bisherige Generalbischof der Kopten, Anba Damian, entlastet werden. Sein Kloster in Höxter-Brenkhausen galt bislang als erste Anlaufstelle für die Flüchtlinge, aber auch für Politiker, die sich ein Bild von der Lage machen wollten. Jetzt hat auch das zweite koptische Kloster in Kröffelbach bei Wetzlar einen Bischof, Anba Mikhail, der Damian einen Teil der seelsorgerischen Arbeit im süddeutschen Raum abnehmen kann.

So standen Kröffelbach und Höxter auch im Mittelpunkt der aktuellen Pastoralreise Tawadros II.; Frankfurt und Berlin wurden zudem als repräsentative Großstadtpfarreien aus den rund zwanzig deutschen Kopten-Gemeinden ausgewählt, und auch ein Besuch bei den syrischen Glaubens- und Leidensbrüdern im Kloster Warburg stand auf dem dichtgedrängten Reiseplan des Kopten-Papstes.

Doch neben der Pastoral hatte die Reise einen zweiten Schwerpunkt, den ökumenischen Dialog. Keine Station auf der Papstreise, an der es nicht zu intensiven Begegnungen mit Vertretern der katholischen Kirche, der evangelischen Landesverbände und kirchlicher Initiativen kam. Dabei erwies sich der neue Koptenpapst, dem bereits vor seiner „Zufallswahl“ im November 2012 diplomatisches Geschick und spirituelle Tiefe nachgesagt wurden, als Glücksgriff des Himmels für seine Kirche. „Des Himmels“, denn koptische Päpste werden nicht durch ein Konklave gewählt. Jeder Kopte kann einen Mönch, den er für geeignet hält, für das Amt vorschlagen, ein Wahlkomitee nimmt Kommentare zu den Nominierten entgegen, prüft sie auf „Herz und Nieren“. Nach monatelangen Beratungen bleiben drei Favoriten, deren Namen auf Lose geschrieben werden. Ein Kind mit verbundenen Augen zieht dann das Los mit dem „Kandidaten Gottes“, denn man vertraut mehr auf die Vorsehung als auf menschliches Urteilsvermögen. Die Wahl dieses Mannes scheint das Verfahren, das sein Vorbild in der Apostelgeschichte hat, endgültig zu bestätigen.

Schließlich hat Tawadros II. alles, was man einem Patriarchen wünschen könnte: beeindruckendes Charisma, eine stattliche Erscheinung und ein großes Herz - natürliche Liebenswürdigkeit und heiligmäßige Demut. Man kann diesem Mann nicht begegnen, ohne ihn zu mögen und zu achten. So ist er gewiss der beste Repräsentant seiner so schwer leidenden Kirche.

An die hundert Kirchen brannten fanatische Anhänger der Moslembruderschaft nieder, seit das ägyptische Volk sich in einer historisch einmaligen Großdemonstration von über 30 Millionen Menschen auf den Straßen des islamistischen Diktators Muhammad Mursi entledigt hat.  Er war ein Jahr zuvor gewählt worden, weil er damals das Gegenteil von dem versprochen hatte, was er schließlich in die Tat umsetzte – nämlich Mäßigung statt Fanatismus. Als Mursi Befehl gab, die friedlichen Demonstrationen zu zerschlagen, rebellierte das Militär, stellte sich auf die Seite des Volkes und verhinderte einen Bürgerkrieg. Die ranghöchsten Geistlichen der beiden in Ägypten vertretenen Religionsgemeinschaften, der gemäßigte Großscheich der muslimischen al-Azhar-Universität und der koptische Papst, bekundeten ihre Unterstützung für den demokratischen Wiederaufbau des Landes unter dem Schutz des Militärs. Die Rache der fanatischen Mursi-Anhänger aber traf in den folgenden Wochen nur die Christen, die Opfer einer Welle von Gewalt wurden. „Aber Kirchen kann man wieder aufbauen“, erwiderte Papst Tawadros, nach dem Terror in Ägypten gefragt, mit fast stoischer Ruhe: „Was sie nicht zerstören können, das ist unser Glaube.“
Tatsächlich definieren sich die Kopten seit jeher als „Kirche der Märtyrer“: Selbst ihren Kalender beginnen sie nicht mit der Geburt Christi, sondern der Machtergreifung des Christenverfolgers Diokletian im Jahre 284. So wurde ein Großteil ihrer Geschichte mit Blut geschrieben. Oder, mit den Worten Tawadros II.: "Wo immer die Kopten leben, sie sind immer Zeugen für Jesus Christus. Die Krönung dieses Zeugnisses ist die sakramentale Weihe mit Chrisam - oder die Weihe mit Blut, das Martyrium."
 
Tawadros II.: „Ich hoffe auf den Tag, an dem sich Kirchturm und Minarett umarmen können, weil alle Ägypter begreifen, dass sie Brüder und Schwestern sind, Erben der Pharaonen. Auf diesem gemeinsamen Erbe können wir unsere  Zukunft aufbauen.“ Bis dahin vertraut er „auf die Gnade Gottes, die unseren Dienst begleitet, auch und gerade unter den derzeitigen Umständen in unserem Heimatland. Das erste Ziel muss die Bewahrung des Friedens sein. Schließlich leiden Christen und Muslime gemeinsam unter den Zerstörungen der Gewalttäter.“
 
So war er weder nach Deutschland gekommen, um Mitleid für die Opfer der Terrorwelle einzufordern, noch um für die Aufnahme koptischer Flüchtlinge zu werben, im Gegenteil: er weiß genau, dass jeder Flüchtlingsstrom die Lage der Christen in ihrer Heimat schwächt, letztendlich zum Aussterben des orientalischen Christentums beiträgt. Um Solidarität bittet er, aber auf ganz andere Weise. Etwa indem er auch die Deutschen einlädt, ihre Urlaube wieder in Ägypten zu verbringen, wo es längst wieder sicher ist. Denn nur wenn dem Land ein Ausweg aus der Armut gezeigt wird, kann die Radikalisierung aufgehalten werden. Die Regierung bittet er, statt allgemeiner Entwicklungshilfe für sein Land, um Engagement in einzelne Projekte, vor allem aber in Bildung und Wissenschaft. Die Ägypter müssten wieder entdecken, was doch einst ihre große Stärke war, sie zur ersten großen Zivilisation der Geschichte werden ließ. So spricht durchaus Patriotismus aus Tawadros, dessen Kirche ihre nationale Identität nie verleumdet hat. Schließlich ist „Kopte“ von dem arabischen Wort al-qubt abgeleitet, was nichts anderes bedeutet als: Ägypter.

Wer nach Ägypten käme, so Tawadros, begegne drei Pyramiden; womit er nicht etwa die Pharaonengräber von Gizeh meint, sondern den Beitrag seiner Heimat zur Entwicklung des Christentums: Die alexandrinische Theologie, aus der so große Kirchenlehrer wie Athanasius und Kyrill hervorgingen, das Mönchtum, das am Nil geboren wurde und die Märtyrer, von denen es nirgendwo so viele gab wie in Ägypten. Tatsächlich wurde etwa der Kanon des Neuen Testamentes, den wir noch heute kennen, von einem Amtsvorgänger Tawadros, nämlich dem heiligen Athanasius, in seinem Osterbrief aus dem Jahre 367 definiert. Selbst die Märtyrer, deren Gräber in den großen Kirchen am Rhein – Bonn, Köln, Xanten, um nur drei zu nennen – verehrt werden, waren Ägypter; Mitglieder der Thebäischen Legion, die der Christenverfolgung des Diokletian zum Opfer fielen. Und das Mönchtum kam nach Europa, als eben jener alexandrinische Patriarch Athanasius nach Trier verbannt wurde, wo er die Vita Antonii, das Leben des „Mönchsvaters“ Antonius, niederschrieb. Sie beeinflusste den heiligen Augustinus ebenso wie Benedikt von Nursia.

So schloss sich ein Kreislauf, als Bischof Damian vor 20 Jahren für  eine symbolische Mark vom Land Nordrhein-Westfalen die Klosterruine Brenkhausen erwarb – und in den nächsten beiden Jahrzehnten zum neuen Zentrum koptischen Mönchtums ausbaute. „Das monastische Leben ist die christliche Lebensweise in Reinform“, ist der Mönchs-Papst Tawadros überzeugt, der vor seiner Berufung Direktor eines pharmazeutischen Unternehmens war, „es orientiert sich am Leben der Heiligen. Es ist praktizierter Glaube. Jedem Christen tut es gut, sich gerade in dieser hektischen Zeit einmal in ein Kloster zurückzuziehen, selbst wenn es nur für einen Tag ist, denn es ist immer eine Oase des Friedens und eine Kraftquelle für das geistliche Leben. Auch für mich ist es die schönste Zeit, wenn ich für ein paar Tage in mein Kloster zurückkehren kann.“ Eine koptische Präsenz ohne die Nähe von Klöstern wäre dagegen praktisch undenkbar: „Wir sind und bleiben auch eine Kirche der Mönche!“

Das Jubiläum von Brenkhausen und die Weihe der neuen Klosterkapelle waren dann auch der eigentliche Anlass für den Papstbesuch in Deutschland, der ziemlich kurzfristig angekündigt worden war. Schließlich zeigte sich am vierten Adventssonntag in einer großen ökumenischen Feierstunde vor allem, wie gut vernetzt und allseits respektiert der koptische Bischof hierzulande ist. Selbst der CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Volker Kauder ließ es sich nicht nehmen, aus Berlin an die Weser zu kommen, um in einer flammenden Rede zur Solidarität mit den verfolgten Christen in Ägypten und Syrien aufzurufen. Danach ergriff sein Parteifreund, der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Europäischen Parlaments, Elmar Brok,(CDU) das Wort. Die Deutsche Bischofskonferenz war durch den Magdeburger Bischof Dr. Gerhard Feige, der in einer bewegenden Ansprache das ökumenische Engagement des koptischen Papstes würdigte, und den Paderborner Weihbischof Hubert Berenbrinker vertreten.


Michael Hesemann und Prof. Dr. Thomas Schirrmacher von der Evangelischen Allianz beim ökumenischen Dialog mit Papst Tawadros II.

Dabei zeigte sich, dass „ökumenischer Dialog“ auch gegenseitiges voneinander Lernen bedeuten kann, dass die koptische Kirche durchaus dem säkularisierten Europa etwas anzubieten hat. „Wir zeigen Euch, wie die ersten Christen, die Urchristen gelebt haben“, meinte Tawadros II., „Wir sind eine alte und ursprüngliche Kirche, die stets frei von Einflüssen durch Macht und Politik geblieben ist. Wir stellen diese Lehren nicht nur dar, bei uns werden sie vor allem authentisch gelebt. Ich würde mir wünschen, dass sich die Wärme, die Spiritualität und der Glaube, die in unserer Kirche herrschen, auf alle Kirchen verschiedener Konfessionen übertragen werden."

Positiv wertet der Papst von Alexandria die Reformbestrebungen seines römischen „Amtsbruders“, den er über alle Maßen schätzt: "Der Heilige Vater ist ganz erfüllt von Gottes Geist“, erklärte er auf der Pressekonferenz in Kröffelbach, „Alles, was wir besprochen haben, persönlich, beim Essen, oder bei der Begegnung unserer Kommissionen in geistlichen Fragen, gibt Anlass zu großer Hoffnung: Berechtigter, großer Hoffnung, dass die Einheit unserer Kirchen eines Tages möglich wird. Bis es soweit ist, bis dahin praktizieren wir Einheit in der Liebe. Wir, der Heilige Vater und ich, haben uns gegenseitig ein Versprechen gegeben: Wir beten füreinander in jeder Nacht. Ich habe dieses Versprechen bis heute gehalten. Ich verfolgte seine Aktivitäten und ich fühle, dass Gottes Geist ihn bewegt und durch ihn wirkt. Er ist ein heiliger Mann."
 

20. November 2013: Buchvorstellung über Papst Franziskus in Vallendar

HINTERGRÜNDE ERHELLT, FALSCHMELDUNGEN AUSGERÄUMT
DER JOURNALIST UND HISTORIKER MICHAEL HESEMANN NAHM 90 ZUHÖRER IN SEINEN BANN


Vallendar. Bei seiner Buchvorstellung in Vallendar in der Buchhandlung Schönstatt-Verlag fesselte Michael Hesemann die über 90 Zuhörer. Sorgfältige Recherche, Insiderwissen und erhellenden Querverbindungen ließen den Abend in Flug vergehen.
In freier Rede ließ er die Hörer Anteil haben an seinen Forschungen zur Biografie und Persönlichkeit des neuen Papstes Franziskus. Dabei konnte er aus seinem reichen Erfahrungsschatz und langjähriger hervorragender Vernetzung in Vatikankreisen zahlreiche Brücken zu den beiden Vorgängern, besonders dem emeritierten Papst Benedikt XVI., schlagen.
Warum Franziskus manches anders tut als bisher und welche Ziele er verfolgt, wurden deutlich.
Die Besucher dankten mit gespannter Aufmerksamkeit und begeisterten Echos im Anschluss an die Präsentation und Fragerunde. Durch seine Studien in Argentinien und durch Gespräche mit der Schwester des Papstes sowie mehreren Vertrauten konnte Michael Hesemann Hintergründe erhellen und Falschmeldungen ausräumen. Warum lehnt der Papst die roten Schuhe ab?
Für Europäer ist das Königtum eine Erinnerung an ruhmvolle alte Zeiten, in Lateinamerika erinnern solche alte Herrschaftszeichen an die Eroberer und ihre menschen- und glaubensverachtende Unterdrückung der einheimischen Unterschichten. Deren einzige Rettung waren zumeist die Orden, wie z.B. die Jesuiten, die den Eingeborenen, und damit potenziellen Sklaven, durch den Glauben auch den Status eines Christen und damit den Schutz vor der Versklavung brachten.
Und während in Europa die Kirche eher in den höheren Schichten verankert war, sind es in Südamerika eher die einfachen Leute mit ihrer großen Volksfrömmigkeit, die die Kirche tragen. Diese Volksfrömmigkeit und konkrete Glaubenslebendigkeit im Alltag ist es auch, die Papst Franziskus vor allem mit seiner Option für die „Kirche der Armen“ meint, weniger eine politische oder soziale Dimension. Das Empfinden eines froh machenden Kirchenerlebnisses und die sehr persönlich vom Autor signierten Exemplare des Buches „Papst Franziskus“ werden noch lange an diese Veranstaltung erinnern. Auch Michael Hesemann wird wieder einmal Vallendar-Schönstatt besuchen.
http://www.blick-aktuell.de/Nachrichten/Hintergruende-erhelltFalschmeldungen-ausgeraeumt-47830.html#bewertung


10. November 2013: Hesemann in Tschenstochau zum Ritter geschlagen


Tief berührt und dankbar empfing ich am 10. November 2013 im polnischen Nationalheiligtum der Schwarzen Madonna von Tschenstochau den Ritterschlag.

Tschenstochau ist das spirituelle Herz Polens. Um 1370 rief Herzog Wladislaw II. von Oppeln als Statthalter des ungarischen Königs Ludwig von Anjou, der im selben Jahr zum König von Polen gekrönt worden war, ungarische Paulinermönche ins Land, die sich auf einem 293 Meter hohen Berg oberhalb von Czestochowa (Tschenstochau) in Schlesien niederließen und dort ein Kloster gründeten. Sie nannten es nach ihrem Stammkloster auf dem "hellen Berg" in Buda ebenfalls "heller Berg" - auf Polnisch: Jasna Gora. 1382 vertraute Prinz Ladislaus "der Weiße" ihnen das Gnadenbild der Schwarzen Gottesmutter an. Der Legende nach hatte der Evangelist Lukas es auf das Holz eines Zypressentisches aus dem Haus der Heiligen Familie gemalt, war es 326 von der hl. Helena nach Konstantinopel gebracht worden, soll es als Mitgift einer byzantinischen Prinzessin nach Osteuropa gekommen sein. So war es nach Belz in der heutigen Ukraine gelangt, bei einem Tartareneinfall am Hals beschädigt und von Ladislaus gerettet worden, der es nach Oberschlesien bringen wollte. Bei Tschenstochau weigerten sich die Pferde jedoch, weiterhin den Wagen zu ziehen, der die Ikone trug. Das sah der Prinz als Omen an, sie dem dortigen Kloster anzuvertrauen.

1430 wurde das Kloster von den Hussiten überfallen, die versuchten, das Gnadenbild aus dem Kloster zu stehlen. Wieder verweigerten die Pferde, die es jetzt wegbringen sollten, ihren Dienst. Ein hussitischer Soldat schlug daraufhin aus Wut zweimal mit dem Säbel auf die Ikone ein - und wurde, der Legende nach, vom Blitz getroffen. In Krakau, am königlichen Hof, versuchten die besten Künstler, die Hiebe zu übermalen, was nicht gelang, weil immer wieder die Farbe verlief. Der Grund dafür war, dass die Ikone enkaustisch gemalt worden war, also mit erhitzten Wachsfarben, ein antikes Verfahren, das schon im 1. Jahrhundert in Gebrauch, doch im 8. Jahrhundert in Vergessenheit geraten war. Schließlich wurden die Wachsfarben von der Platte entfernt und an ihrer Stelle eine möglichst genaue Kopie des zerstörten Originals mit Temperafarben geschaffen. Das führte zu jener Vermischung byzantinischer und europäischer Malstile, die so charakteristisch für das Gnadenbild ist. Die beiden Schwerthiebe wurden zur Erinnerung an die Schändung nachgeritzt. Seiner Verehrung tat dies keinen Abbruch, im Gegenteil: jetzt zog es noch mehr Pilger an.

SEIT 1634 BEZEUGT

Damals muss der Orden der Ritter der Gottesmutter von Jasna Gora ins Leben gerufen worden sein, um sie vor weiteren Übergriffen zu schützen. Doch das erste schriftliche Zeugnis, das ihn ausdrücklich erwähnt und die Zeiten überdauerte, entstand erst zwei Jahrhunderte später. Am 5. Juli 1634 übermittelte Papst Urban VIII. (1623-44) dem polnischen König Ladislaus IV. Wasa (1632-48) in einer Bulle die neue Satzung des als ORDO EQUESTRIS IMMACULATAE DEIPARAE VIRGINIS bezeichneten Ritterordens. Schon damals wurde die Höchstzahl der Ritter auf 72 festgelegt; der Orden sollte aus 7 geistlichen Würdenträgern und 65 Laien bestehen.

Seine größte Bewährungsprobe folgte im Schwedisch-Polnischen Krieg 1655-1660/1. Im Winter 1655 belagerte ein fast 3000 Mann starkes schwedisches Heer das Kloster von Jasna Gora, das längst zu einer kleinen Festung ausgebaut worden war. Doch die sechswöchige Belagerung blieb erfolglos, weil die ca. 70 Paulinermönche, unterstützt durch die 65 kämpfenden Ritter der Gottesmutter, ca. 160 angeworbene Soldaten und Dutzende Freiwillige heldenhaft Widerstand leisteten. Schließlich zogen die Schweden am 27. Dezember unverrichteter Dinge wieder ab, was von den Verteidigern als Wunder gedeutet wurde. Die Nachricht darüber schenkte dem ganzen Land neuen Mut und wurde zur entscheidenden Wende in diesem Krieg. 

Die Napoleonischen Kriege 1807 führten zur Auflösung des Ordens, der erst 1991, nach der Überwindung der kommunistischen Herrschaft, neugegründet wurde. Die Initiative ging von engagierten Katholiken aus Deutschland und Polen aus, die zuvor in der "Polenhilfe" im Sinne der Kirche karikativ aktiv geworden waren. Der eigentliche Neugründer ist der damalige Pater Generalis des Paulinerordens, Pater Prof. theol. Jan A. Nalaskowski OSPPE, der ihm bis heute als Dekan vorsteht. Doch die Idee stieß von Anfang an auf Unterstützung durch den sel. Papst Johannes Paul II., der 1991 beim Weltjugendtag in Tschenstochau Gast der Paulinermönche war. Nachdem am 8. Mai 1998 die neue Satzung ausgearbeitet und kirchenrechtlich bestätigt worden war, übernahm er am 23. Oktober 1998 offiziell die Schirmherrschaft über den Orden, "in der Hoffnung, dass durch die Gottesmutter von Tschenstochau über den Ritterorden die Neuevangelisation Europas Unterstützung erhalten würde, entsprechend dem Ordensmotto INSTAURARE OMNIA IN CHRISTO CUM MARIA MATRE EIUS ("Alles in Christus erneuern mit Maria, Seiner Mutter")." 

Seine Ziele sind Dienst an Papst und Kirche, Aussöhnung und Verbrüderung zwischen Polen und Deutschen, die Neuevangelisierung Europas, der Schutz des Lebens und die Verehrung der Gottesmutter - Ziele, mit denen ich mich unbedingt identifizieren kann.

Dabei bemühte sich der Orden von Anfang an, namhafte Persönlichkeiten aus allen Bereichen des öffentlichen Lebens, aus Kirche und Politik, Kultur, Wissenschaft und Wirtschaft zu gewinnen. Sein erstes Mitglied war Lech Walesa, der Führer der Gewerkschaft Solidarnosc, die, unterstützt durch Johannes Paul II., so maßgeblich zum Zusammenbruch des kommunistischen Regimes beigetragen hat, und der von 1990-95 Polens erster demokratischer Präsident wurde. Auch sein geistlicher Führer, Prälat Henryk Jankowski, gehörte bis zu seinem Tod 2010 dem Orden an, ebenso der 2009 verstorbene polnische Senatspräsident Andrzej Stelmachowski. Coadjutor des Ordens ist Prof. Dr. med Jerzy Jurkiewicz, Direktor der Neurochirurgischen Klinik der Universität Warschau und Mitglied der polnischen Akademie der Wissenschaften. Weitere prominente Mitglieder sind Leonhard Erzherzog von Habsburg-Lothringen, ein Neffe des Kaisersohnes Otto von Habsburg; Vincenzo Manno, Botschafter des Souveränen Malteserordens in Polen; Caritas-Direktor em. Josef Pawliczek; Prof. Dr. Charles Probst, der bekannte und tief gläubige Schweizer Neurochirurg und Autor; der polnische Historiker und Politiker Prof. Dr. Ryszard Bender, Dekan em. der katholischen Universität Lublin und Senator; Prof. Dr. J.H.Cervos-Navarro, Rektor der Univ. Internac. de Catalunya in Barcelona, Mitglied der Russischen Akademie der Wissenschaften und ehemaliger Vizepräsident der Freien Universität Berlin; Prof. Wojciech-Laczkowski, em. Vizedekan der Katholischen Universität Lublin, Jurist und Leiter der polnischen Wahlkommission; der Rektor der Polnischen Akademie der Künste, Prof. Stanislaw Radwanski; oder der Chefredakteur des katholischen TV-Senders KTV, Martin Lohmann. 

EINE FEIERLICHE INVESTITUR

Tschenstochau zeigte sich zu meiner Begrüßung von seiner besten Seite. Es war ein Spätsommerwochenende mitten im November, an dem ich Polens Heiligtum besuchte; tagsüber stiegen die Temperaturen bis auf 17 Grad, nachts blieb es um die 12 Grad warm, als ich mit meiner Hündin "Lucy" Gassi ging. Die meiste Zeit über schien die Sonne, wenn sie erst einmal den morgendlichen Hochnebel durchdrungen hatte. Jeder Tag begann mit einer Heiligen Messe in der Kapelle des Gnadenbildes und endete von 21.00 bis 21.30 mit dem "Abendappell" vor der Ikone der Gottesmutter, zu dem die meisten Besucher des Heiligtums noch einmal strömten, bevor sie sich endgültig auf den Heimweg machten. Obwohl kein Marienfest gefeiert wurde, war Tschenstochau von Pilgern überlaufen; echten Pilgern, nicht "religiösen Touristen" wie hierzulande häufig üblich. Die polnische Religiosität ist durch große Ernsthaftigkeit und Hingabe gekennzeichnet. Während sich die Massen in die kleine Kapelle zwängen, um die fast stündlich zelebrierten Messen mitzufeiern, umrunden Dutzende auf Knien das Gnadenbild, dabei andächtig den Rosenkranz betend. Immer und überall begegnet man knienden Betern in tiefer Versenkung. Niemand scheint sich für die prachtvollen Fresken und herrlichen Statuen der Kapelle und der angrenzenden Basilika zu interessieren, hier zählt nur eines: Die Ganzhingabe an die Gottesmutter. Felix Polonia!

Bei einem gemeinsamen Abendessen am Freitag, dem 8. November begrüßte uns der Dekan des Ritterordens und emeritierte General der Pauliner, Pater Prof. Dr. Jan Nasalowski. Erstaunt nahm ich seine Ordenstracht zur Kenntnis: seine weiße Soutane und sein weißer Pileolus liessen ihn auf den ersten Blick wie einen Papst erscheinen, zumal er, obwohl kleiner in seiner Statur, eine gewisse Ähnlichkeit mit Franziskus aufweist. Zu meiner Freude sprach er exzellent Deutsch. Sein grundgütiges Wesen und seine Herzlichkeit liessen ihn mich gleich in mein Herz schließen. Ich war einer von sechs Kandidaten, die berufen worden sind, an diesem Wochenende den Ritterschlag zu empfangen; vier Polen und zwei Deutsche. Mein "Landsmann" ist ein Priester aus Bonn, den ich überaus schätze: Monsignore Dr. Michael Kahle, Direktor des diözesanen Priesterseminars "Collegium Albertinum" und einer der besten Männer des Erzbistums. Er hatte 2011, als Benedikt XVI. Deutschland besuchte, als Zeremoniar die Liturgie der Papstmessen koordiniert und war daraufhin zum "Kaplan Seiner Heiligkeit" ernannt worden. So war es mir eine besondere Ehre, an seiner Seite in den Ritterorden von Jasna Gora aufgenommen zu werden.

Nach einem Gedankenaustausch im Kardinal Wyszynski-Institut fand am Samstag um 15.00 Uhr die Generalversammlung der Ritter und Gäste in der herrlichen Bibliothek von Jasna Gora statt. Dort lauschten wir dem Festvortrag des Erzbischofs von Tschenstochau, Dr. Waclaw Depo, "Die Gottesmutter von Jasna Gora im gegenwärtigen Ethos der Nation", der uns auch an die Pflichten als Ritter zum Schutz der christlichen Werte, insbesondere des menschlichen Lebens, in der modernen Gesellschaft erinnerte. Wir sollen mutig gegen die Entchristlichung, die "Diktatur des Relativismus", und für die christliche Identität Europas kämpfen, doch im Zentrum muss zunächst unser persönliches geistliches Leben und Streben stehen. 

Es folgte ein gemeinsames Rosenkranzgebet mit der Bitte um Frieden in der Welt in der Kapelle des Gnadenbildes, geleitet von Ritter Ryszard Gosk aus Köln - die adäquate Vorbereitung auf den nächsten Tag der feierlichen Investitur, den 10. November 2013.

Pünktlich um 9.00 Uhr versammelten sich die ca. 55 anwesenden Ritter samt der Kandidaten am Denkmal des legendären polnischen Primas Kardinal Stefan Wyszynski vor den Toren der Klosterfestung. Erst Aufstellung, dann feierlicher Einzug in liturgischer Prozession in die Gnadenkapelle von Jasna Gora. Der Dekan des Ritterordens, Pater Gen. em. Jan Nalaskowski zelebrierte das Pontifikalamt, das vom polnischen TV-Sender "TV Trwam" übertragen wurde. Sein Höhepubkt war das alljährliche Anvertrauen der Ritter an die Ordenspatronin, die Gottesmutter von Jasna Gora. Aber auch der sel. Johannes Paul II. war im Geiste anwesend; sein Cingulum hing, als Reliquie gerahmt, gleich neben der Ikone der Schwarzen Madonna. In Gedanken reiste ich 15 Jahre zurück. Damals, am 17. Dezember 1998, hatte ich meine erste intensivere Begegnung mit dem polnischen Gnadenbild. Ich war an diesem Tag zur Frühmesse in die Privatkapelle Papst Johannes Pauls II. geladen worden, kniete nur wenige Meter hinter dem Jahrtausendpapst, der, ganz Mystiker, tief in sein Gebet versunken war. Mein Blick fiel auf das große Kruzifix über dem Altar. Unter dem linken Kreuzbalken, auf der Herzseite Jesu, schauten mir zwei Augen tief in mein Herz. Sie gehörten zu einer Kopie des Antlitzes der Gottesmutter von Tschenstochau, die der große Pole seit seiner Kindheit so inbrünstig verehrte. In der gleichen Position fand sich das "M" Mariens unter dem Kreuz auf seinem Wappen. Totus tuus, "Ganz Dein", war sein Wahlspruch. Gemeint war, natürlich, die Gottesmutter - im Allgemeinen, aber auch ganz speziell in Form ihres Gnadenbildes aus Tschenstochau, zu dem er auf fast jeder seiner Polenreisen pilgerte. Damals "packte" sie auch mich, was dazu führte, dass ich im nächsten Jahr nach Polen reiste, zum ersten Mal Tschenstochau besuchte - und dort eine schöne, handgemalte Kopie der Ikone erwarb. Sie hängt seitdem in meinem privaten Oratorium unter dem linken Balken eines Kreuzes, das einst die Ikonostase einer russischen Kirche krönte. Seit 14 Jahren hört sie also auch meine Gebete. Und jetzt sollte ich ihr Ritter werden, eine Ehre, die völlig ungeplant auf mich zukam, mit der ich überrascht worden bin, ja überfallen. Sie hat mich also gerufen und ich stand jetzt davor, zu antworten: Adsum - hier bin ich!

Nach der Weihe der ritterlichen Insignien, die für uns Kandidaten bereit lagen, dem Segen und dem "Salve Regina" - meinem liebsten Kirchenlied - zogen wir hinaus aus der Kapelle des Gnadenbildes, die Treppe hoch zum Rittersaal von Jasna Gora. Dort begrüßte uns Posaunenklang als wir in Prozession, unter den Fahnen der Helden des polnisch-schwedischen Krieges, einzogen. Es war ein erhabenes Gefühl, die Festlichkeit dieses Augenblickes wurde spürbar. Nachdem jeder seinen Platz eingenommen hatte - wir Kandidaten an der linken Seite, gegenüber die Ritter, am Saalende der Hochwürdigste Herr Dekan und das Ordenspräsidium - wurden zunächst verdiente Ritter mit dem Kommandeursstern ausgezeichnet. Nach einer kurzen Vorstellung der neuen Kandidaten folgte die feierliche Zeremonie des Ritterschlages, wieder von Posaunen begleitet. Einzeln trat jeder der Kandidaten dreimal vor den Dekan: das erste Mal, um mit seinem goldenen Szepter - eine Weihegabe an die Gottesmutter von Tschenstochau - kniend zum Ritter geschlagen zu werden, danach die Eidesformel zu sprechen. Ein zweites Mal, um die goldene Ordenskette verliehen zu bekommen. Beim dritten Mal wurde jedem von uns der weiße Rittermantel umgelegt, was die Investitur kompletierte. Noch einmal segnete der Dekan jeden Einzelnen, gefolgt von einer herzlichen Umarmung und der Gratulation aller Confrates und der Gäste, zu denen auch meine beiden Begleiter zählten: meine Verlobte Yuliya und meine 76jährige Mutter.



Nach dem Agape-Mahl, einem feierlichen Mittagessen im Kardinal Wyszynski-Institut, zog es mich noch einmal, jetzt allein, in die nach wie vor volle Gnadenkapelle. Ich musste reflektieren, was mich so tief bewegt hatte an diesem Morgen, danken und ein Gebet sprechen. Ein Jahr, nachdem ich die Ikone der Gottesmutter in meine Wohnung geholt hatte, im Audienzsaal des Vatikans bei der Heiligjahrfeier der Journalisten im Juni 2000, Auge in Auge mit Papst Johannes Paul II., beschloss ich, mein Leben und Schaffen fortan in den Auftrag der Neuevangelisation Europas zu stellen. Diese kann, das hat der große Pole gewusst, nur geschehen, wenn die "beiden Lungenflügel unseres Kontinentes", der Westen und der Osten, zusammenwachsen. Der tiefe Glaube der Polen hat mich immer wieder tief beeindruckt; an diesem Glauben, nicht am deutschen Wesen, kann Europa genesen. So war es für mich stimmig, ja eine logische Konsequenz, dass ich jetzt wieder an dieser Stelle stand, im Angesicht des Gnadenbildes - es war die Konsequenz aus meinem bisherigen Dienst. Von den 23 Büchern, die ich seitdem geschrieben hatte, waren sieben auch auf Polnisch erschienen; 2013 hatte man mich gleich zweimal für den polnischen katholischen Buchpreis nominiert. All dies ging meiner Einladung nach Tschenstochau voraus. Ich kann nur beten, dass ich mich meiner neuen Ritterwürde als würdig erweise. Mit Sicherheit aber ist sie mir Antrieb, diesen Weg weiter zu gehen: Der Neuevangelisierung Europas zu dienen und gegen die Entchristlichung unseres Kontinentes anzukämpfen, doch jetzt nicht mehr allein, sondern auch Seite an Seite mit meinen neuen Confratres im Dienste der Gottesmutter: Instaurare omnia in Christo cum Maria Matre eius! So bin ich dankbar, jetzt noch enger mit Maria verbunden zu sein - und mit dem großen Papst Johannes Paul II., dessen Begegnung vor 15 Jahren mein Leben so nachhaltig verändert hatte und der im nächsten Jahr endlich heilig gesprochen wird.  

4. November 2013: Montagsgespräch: "Pius XII. wollte die Nazis stoppen."



Die Fragestellung ist nicht neu: Hätte Papst Pius XII. in seiner Rolle als kirchliches Oberhaupt den Wahnsinn des nationalsozialistischen Regimes stoppen können, indem er Krieg und Judenverfolgung öffentlich verurteilte? Oder war er gar ein Geistlicher, der durch Untätigkeit glänzte? Eindeutige Antworten auf Fragen der Zeitgeschichte gab Journalist, Schriftsteller und Vatikankenner Michael Hesemann im Rahmen der Herzogenrather Montagsgespräche in der Pfarrgemeinde St. Gertrud.

Dazu tauchte er tief in Quellen und Darstellungen ein, ließ nur wenige Facetten aus, um dennoch ein komplettes Bild des Papstes, der eigentlich Eugenio Pacelli hieß, zu zeichnen. So enthüllte Hesemann durch intensive Quellenarbeit, dass Pius XII. fälschlicherweise als jemand dargestellt wurde, der sich dem Judentum gegenüber abfällig verhielt und äußerte.

Vielmehr war dies Schuld des Übersetzers, der mit einer laut Hesemann „verzerrenden Übersetzung“ Stimmung machte. „Jeder Student, der eine derartige Übertragung in seinem ersten Semester abliefert, würde von seinem Professor sofort aus dem Seminar geworfen“, betonte der Referent.

Im Gegensatz zu diesen diffamierenden Darstellungen zeigte Hesemann auf, dass Pacelli nicht nur einen jüdischen Schulfreund hatte, sondern auch einer Familie zur Flucht nach Palästina verholfen habe. „Auch als in Deutschland Adolf Hitler an die Macht kam, hat Pacelli sofort an seinen Nuntius in Berlin und München Briefe geschrieben, ob erfolgreiche Interventionen gegen den Antisemitismus möglich seien.“

Deutliche Worte

Persönlich fand der spätere Papst schon 1924 deutliche Worte gegenüber dem fanatischen Machthaber. „Er hielt den Nationalsozialismus für die gefährlichste Irrlehre unserer Zeit“, belegte der Vortragende. Hitler selbst hielt er für völlig von sich besessen, als jemanden, der über Leichen gehe und alles niedertrete, was ihm im Weg stehe.

Ein ums andere Mal habe der Papst alles, was in seiner Macht stand, versucht, um die Nazis zu stoppen und etwas gegen ihre Ideologien und ihr Handeln zu tun. Den manchmal vorgetragenen Vorwurf, Pius XII. habe nicht auf den Holocaust reagiert, konnte Hesemann, der regelmäßig in den Archiven des Vatikans arbeiten darf, ebenfalls entkräften.

„Ich sah ihn weinen wie ein Kind und beten wie einen Heiligen“, wird Pius in einem Brief beschrieben, als er von den Gräueltaten des Naziregimes erfuhr. „Dennoch hat er nicht offen protestiert, denn er hatte Angst, dass den Juden noch mehr Leid widerfährt“, schloss er. „Wie man ihn heute Hitlers Papst nennen kann, ist mir ein Rätsel.“

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23. Oktober2013: Papst Franziskus erhält "Papst Franziskus" und andere Bücher

Bei der Audienz am 23. Oktober 2013 übergebe ich Papst Franziskus einige meiner Werke

Vatikan, 23.10.2013: Ich besuche seit 15 Jahren regelmäßig Papstaudienzen, doch ich habe noch nie solche Menschenmassen an einem Mittwoch morgen gesehen, nicht einmal bei Johannes Paul II. im "Heiligen" Jahr 2000. Gewöhnlich kamen 30-50.000, wenn die Audienz auf dem Petersplatz war, jetzt sind es um die 100.000. Dieser Papst ist ein Phänomen, ein Menschen-Magnet, ein echter Volkspapst. 

Man befürchtet in Vatikankreisen, auch im Winter die Audienzhalle Pauls VI. (Sala Nervi) nicht mehr nutzen zu können, weil sie zu klein geworden ist. Es war auch die längste Audienz meines Lebens, sie dauerte fast vier Stunden - um 10.00 erschien das Papamobil auf dem Platz, erst um 1.45 fuhr der Heilige Vater zurück. Dabei hatte ich den Eindruck, er hätte am liebsten jeden der 100.000 Pilger auf dem Platz einzeln begrüßt. Es herrschte Volksfeststimmung, eine Band spielte Samba und den italienischen National-Schlager "Azzuro", viele sangen mit. Der Papst fühlte sich sichtlich wohl, "wie in seinem Element", unter den vielen Menschen, stoppte mehrfach das Papamobil bei der Rundfahrt, um auszusteigen und Kinder oder Behinderte zu umarmen. Er fuhr sogar ganz hinaus, bis auf die Piazza Pio XII., die eigentlich außerhalb des Vatikangebietes auf italienischem Territorium liegt, um auch den Menschen, die dort standen, nahe zu sein. Seine Forderung, die Kirche solle an die Peripherie gehen, nahm er also wörtlich. Für seine Sicherheitsleute ist das natürlich ein Alptraum. "Sie haben jetzt wohl doppelt so viel Arbeit?", fragte ich den Vizekommandanten der Schweizergarde beim Abendessen. Er lachte verschmitzt. "Doppelt? Nein, noch viel mehr!"

Seine Katechese sprach direkt die Menschen an, die auf seine rhetorischen Fragen spontan antworteten und applaudierten. Schließlich, ganz zum Schluß und bereits gegen 12.30, passierte er dynamischen Schrittes und geradezu kraftstrotzend ein farbenprächtiges Spalier von Fahnenschwenkern und kam zu uns in der prima fila. Er wirkte gelöst, glücklich, in sich ruhend, energiegeladen und herzlich. Zunächst hatten meine Verlobte Yuliya und unsere Freunde Gary und Meredith Krupp von der "Pave the Way-Foundation", die sich für den Dialog zwischen Juden und Christen einsetzen, das Wort. Dann stellte ich mich vor, erzählte, dass ich in Argentinien seine Schwester, seinen früheren Sekretär und seinen besten Freund, Rabbi Skorka, für mein Buch "Papst Franziskus" interviewt hatte, er hörte aufmerksam zu, bedankte sich herzlich. Mein zweites Anliegen betraf die koptische Flüchtlingsgemeinde in Boston, Massachusetts, die mich um ihre Hilfe gebeten hatte und dringend eine neue Kirche braucht. Dort steht die katholische St. James-Kirche zum Verkauf, doch die Erzdiözese Boston will sie lieber an die Stadt verkaufen, die sie abreißen lassen und dort einen Vergnügungspark mit Schwimmbad bauen will, als sie an die Kopten zu verkaufen - und das gegen den Wunsch der katholischen Pfarrkinder, die gerne ihre Kirche erhalten möchten und bereits an Rom appelliert haben. Er hörte aufmerksam zu, nahm einen Brief der Kopten an sich, bedankt sich für mein Buch "Jesus in Ägypten". Dann gab ich ihm die spanische Ausgabe von "Mein Bruder, der Papst", meinte "damit Sie Ihren Vorgänger noch besser kennen lernen", worüber er sich sichtlich freute. Dass ich noch mehr Bücher dabei hatte, erstaunte ihn augenscheinlich. Aber als marianischer Papst sollte er auch noch mein "Maria" bekommen und schließlich, weil gerade des 70. Jahrestages der Deportation der römischen Juden gedacht wurde, die von Pius XII. gestoppt worden war, mein Buch "Pius XII. - Der Papst, der Hitler trotzte". Ich wußte auch, dass er nachmittags eine Delegation des Simon Wiesenthal-Zentrums empfing, sodass das Thema "in der Luft" lag. Zudem war auch Pius XII. ein enorm bescheidener Papst der Nächstenliebe, der Caritas, der sich für Flüchtlinge einsetzte, es passte also. Ob er nun, mit so vielen Büchern beschenkt, doch in die Papstwohnung umziehen muss, ich weiß es nicht; seien zwei Zimmer im Domus S. Marthae sind jedenfalls zu klein, um dort auf Dauer eine Bibliothek einzurichten. Noch einmal bedankte sich Papst Franziskus. "Beten Sie für mich!", bat er uns alle, als ich ihm zum Abschied noch einmal den Ring küsste - und erstaunt war. Er trug nicht den traditionellen Fischerring, sondern einen schlichten, silbernen Kreuzring. Auch das passte zu ihm, dem Papst der Armen, der ein "Mann des Volkes" sein will, ein Hirte, der für seine Herde lebt.